Geschichte der Pfarrei und der Kirche Mackenzell

 

Die Ersterwähnung einer Dorfkapelle lässt Rückschlüsse auf deren Errichtung zu. Um 1460 waren mit Sicherheit die Weißenborner Familien eingezogen, der Ort wurde ja schon 1440 als wüst bezeichnet. Die Dorfgemeinde hatte sich nach der Pestzeit wieder vergrößert, so war die Errichtung eines Gotteshauses notwendig, da die Schlosskapelle zu klein geworden war, die dem Apostel Petrus geweiht war.

 

Wie kam es zu der im Dorf verbreiteten Vorstellung, dass erst mit dem Bau der Barockkirche 1728/46 die alte Schlosskapelle aufgegeben wurde? Das hängt mit den aufsehenerregenden Grabungsfunden beim Abriss des Hauses Burgstr. 2 (Hnr. 4 1/2) im Jahre 1949 zusammen. Der unermüdliche Rudolf Hosenfeld war den Funden bei diesem Umbau nachgegangen und hatte 1977 in den Buchenblättern einen Artikel veröffentlicht sowie in den späteren heimatgeschichtlichen Aufsätzen nicht versäumt, immer wieder auf die Entdeckung der „alten Kirche“ hinzuweisen6). Was bei dem Umbau zutage kam, war auch schon erstaunlich genug. Damals fand man beim Abriss eine ein Meter dicke und vier Meter hohe Mauer, in die das ältere Mihmsche Haus hineingebaut war. Das Ganze ruhte auf einem meterdicken Fundament aus Bruchsteinen, die mit Kalk ausgegossen waren. Hosenfeld konnte mit Recht in dieser für ein Bauernhaus ganz ungewöhnlichen Bauausführung eine Kirche vermuten. Dies wurde unterstützt durch die Überlieferung im Dorfe, die - auch nach der Schulchronik von ca. 1890 - dort die „alte Kirche“ und einen Friedhof ansiedelte und die Hausmauer als „Kirchenmauer“ bezeichnete. Die Existenz einer Begräbnisstätte wurde dann beim Ausheben einer Dunggrube bestätigt, denn Josef Mihm stieß dort auf zwei menschliche Skelette. Leider wurde deren Alter und die Art der Bestattung nicht näher untersucht. Hosenfeld schoss nun aber über das Ziel hinaus, wenn er abschließend schrieb: „Anfang des 18. Jahrhunderts war die Aufgabe der Kapelle erfüllt“; er meinte also, sie sei bis unmittelbar vor dem Bau der Barockkirche das einzige Gotteshaus des Dorfes gewesen. Er hatte in seiner Entdeckerfreude allerdings nicht die neuere Literatur beachtet. Dann wäre ihm nämlich klargeworden, dass die Schlosskapelle um 1700 schon seit über 200 Jahren nachweislich eine Konkurrentin hatte.

 

Nicht nur die von Heller und Leinweber eingesehenen Akten, sondern auch die beim Heimat- und Kulturverein vorhandenen Karten, die im Pfarrarchiv aufbewahrten Kirchenrechnungen von 1694 bis 1714 und die freilich erst jetzt ausgewerteten Güterbeschreibungen von 1676 und 1714 beweisen die Existenz einer zweiten Kirche vor der Barockkirche.

 

Die Grundversorgung eines Pfarrers war keineswegs Sache der Mackenzeller, sie vielmehr nur dann einzuspringen hatten, wenn er in ihrem Dorfe bestimmte Handlungen vornahm. Gebeichtet wurde übrigens nur vor Ostern; auch ist zu vermuten, dass nicht an jedem Sonntag Messe gehalten werden konnte, denn ein Vikar hatte mehrere Gemeinden zu betreuen. Das sollte sich ändern, als ein eigener Pfarrer in Mackenzell einzog und dort ständig wohnte. Nun musste mit der Gemeinde ausgehandelt werden, wie dessen Leben durch Landschenkung, Zinsen aus Pfarreilehen, Rechte zum Weidegang seines Viehs, Anteil am Gemeindeholz und allerlei Dienstleistungen (z. Bsp. Bestellen der Pfarräcker durch spannfähige Bauern) gewährleistet war und wie hoch dessen Lebensstandard sein sollte. Der Pfarrer bezog also kein Gehalt, sondern musste wie ein Bauer von dem der Pfarrei zugewiesenen Land leben. Hierbei kam es zu förmlichen Verträgen zwischen Pfarrer und Gemeinde, die umständlich jede Einzelheit festhielten und peinlich genau beachtet wurden. Gemeinde und Pfarrer standen sich dabei keineswegs freundlich gegenüber, sondern jeder versuchte für sich möglichst viel herauszuschlagen bzw. wenig geben zu müssen. Der Pfarrer war aber in einer ungünstigen Position, da er öfter wechselte und seine Rechte nicht vollständig kannte, daher die Verträge in einigen Dörfern und die häufigen Klagen von Pfarrern über Missachtung ihrer Rechte.

 


Mackenzell wird selbständige Pfarrei - Die Barockkirche

Um die Wende zum 18. Jahrhundert fand eine Veränderung statt: Mackenzell wurde um 1700 mit Roßbach der neugegründeten Pfarrei Großenbach unterstellt und von dort betreut. Aus der gleichen Zeit liegen die Kirchenrechnungen (ab 1694) vor, ebenso seit 1697 ein Kirchenbuch, in dem die Taufen, Begräbnisse und Vermählungen von einem Geistlichen festgehalten wurden. Dabei fällt auf, dass auch Großenbach hier registriert wurde, es war also das Kirchenbuch der Großenbacher Pfarrei. Bald darauf wurde 1736 Mackenzell zur selbständigen Pfarrei erhoben, der wiederum Nüst und Molzbach als Filialen unterstellt waren. Mit dieser Umstellung hängt sicherlich der Neubau der Dorfkirche zusammen, die nun ein größerer und „modernerer“ Bau werden sollte, gleichzeitig wurde ein Pfarrhaus hinter der Kirche neben der Schule errichtet. Die alte Kapelle am Dorfplatz wurde abgerissen. Damit erhielt das Dorf der Zeit entsprechend zwei typisch barocke Bauwerke, die die Ortsmitte entscheidend prägten. Diese Bauten hängen sicher mit den zu der Zeit einsetzenden baulichen Umgestaltungen in der gesamten Fürstabtei zusammen.

 

Der Neubau wurde bereits 1728 geplant. Die Pläne zum Bau der Kirche stammten vermutlich „aus dem Büro des Fuldaer Hofarchitekten (bis 1730 Stengel, danach Gallasini)“, so schreibt Sturm, die Beschreibung der Kirche ist am ausführlichsten bei Mehler nachzulesen. Das heute an der Taufkapelle angebrachte steinerne Dalbergwappen, das ursprünglich das Portal krönte, die Figur dieses Fürtabtes in der Westfassade und die Wappen am Hochaltar, den Seitenaltären und an der Kanzel lassen darauf schließen, dass Adolph von Dalberg bis zu seinem Tode 1737 den Bau ausführen ließ, wenn auch die Weihe erst unter seinem Nachfolger Amand von Buseck 1746 vorgenommen werden konnte. Bei der Innenausstattung begegnen wir wieder den schon bekannten Mackenzeller Heiligen, der Hochaltar ist mit einem Marienbild geschmückt, die „Assistenzfiguren“ sind Johannes d. T. und Franz von Assisi; dann finden sich zwei Plastiken der hl. Margaretha und hl. Barbara. Betrachtet man sich das Bild vom Innern des Gotteshauses, so kann man sich vorstellen, wie diese barocke Pracht bei der Einweihung die Gemeinde beeindruckt haben muss, denn die Innenausstattung war völlig neu, wie die Dalbergwappen an so vielen Stellen bestätigen.

 


Schwarzer Tag in Mackenzell: 1. April 1945

Bericht eines Augenzeugen

„Es war frühmorgens gegen 7.30 Uhr. Die Bewohner waren meist in der Frühkirche. Ich habe zu Hause das Vieh gefüttert und die Gaststube geputzt. Plötzlich gab es Schüsse zu hören, und Fahrzeuge ratterten durchs Dorf. Es war auf einmal alles durcheinander. Die Leute flüchteten in die Keller und hatten Angst. Ich war damals 20 Jahre alt und wollte sehen, wie es draußen aussah. Da stand das Dachgeschoß des Hauses von Karl Hildenbrand schon in Flammen. M.H. und ich haben uns nasse Tücher um den Mund und die Nase gebunden. Dann sind wir mit einer Leiter hoch ins Haus gestiegen und haben Federbetten und Anzüge aus dem Schrank geholt, so viel wir konnten. Plötzlich krachte es über uns. Wir machten, dass wir rauskamen. Da fiel auch schon der Dachstuhl zusammen. Zunächst haben wir versucht, mit Jauche aus dem Hof des Theodor Trapp zu löschen. Später wurde eine Eimerschlange zur alten Molzbach gebildet. Indessen hat die Scheune von August Göller schon gebrannt. Da war nichts mehr zu löschen. In der elterlichen Scheune fing es auch an zu brennen. Das haben wir mit Wasser aus Wannen und Eimern löschen können. Mittlerweile stand unsere Kirche in hellen Flammen, da war auch nichts mehr zu machen. Es brannte an allen Enden und Ecken im Dorf. Es war mittlerweile Mittag geworden, an Essen hat da wohl keiner gedacht. Jetzt ging ich mal ins Unterdorf, da lagen die Verwundeten an der Brücke. Die kamen dann in die Scheune von Willi Kalb und wurden notdürftig versorgt. Die Amifahrzeuge richteten immer noch ihre Rohre auf uns. Nach der Herrenmühle zu, am Wasser und Hang entlang lagen die toten Soldaten im Stacheldraht verstrickt... Am Abend sind dann beim Löschen auf dem Grundstück des Theodor Trapp Josef Schneider aus Mackenzell und Karl Kümmel aus Molzbach unter die Brandmauer gekommen und dabei tödlich verletzt worden. Landwirt Josef Henkel erlitt einen Oberschenkelschuss und ist daran gestorben.“ (Bericht Veronika Henkel, geb. Trapp)

 

Als man den Schaden übersah, stellte man fest, dass außer der Kirche 6 Wohnhäuser, 17 Scheunen und die Lagerhalle der Möbelfabrik zerstört worden waren. Die Zahlen in den einzelnen Erinnerungsberichten, die im Laufe der Zeit bei Jubiläen und ähnlichem angefertigt wurden, unterscheiden sich ein wenig, diese Angaben hier sind aber gründlich untersucht und belegbar.

 

Aber es tat sich damals noch mehr in Mackenzell: Man machte sich Gedanken um den Bau einer Kirche. Im Sommer 1945 wurde der in Kirchenneubauten schon bewanderte Pfarrkurat Pius Most aus Kirchhain bei Marburg von der bischöflichen Behörde nach Mackenzell beordert - er war glücklicher Besitzer eines Pkw! - , um „festzustellen, was mit der ausgebrannten Kirche geschehen könne, und wie die Gemeinde sich zum Wiederaufbau stellt“. Sein Bericht, der wie obiger Satz in der nun beginnenden Pfarrchronik festgehalten wurde, klingt nicht ermutigend: „...Es bedarf wohl noch ein Jahr, bis Menschen und Vieh wieder unter Dach gebracht sind, ehe überhaupt an die Kirche gedacht werden kann und Arbeitskräfte dafür frei sind.... Pfarrer Seifert äußerte keinerlei Pläne und Interesse.“ Das war noch vor der Ankunft der Vertriebenen! Kein Wunder, dass es noch ein weiteres Jahr dauerte, ehe sich Neubaugedanken in der Gemeinde bemerkbar machten. Das war erst 1947 der Fall, und es kam im Mai zu einem Besichtigungstermin im Gelände des Schlossgartens, wo die Gemeinde den Neubau errichten wollte. Hierbei war außer den Gemeinde-, Kreis- und Kirchenvertretern und der Forstbehörde als Grundeigentümer wiederum auch Pius Most als Vertreter des Bischofs anwesend. Wenn auch das Treffen ergebnislos verlief, da die Forstbehörde den Grund nicht hergeben wollte, so zeigt es doch, dass der Kirchenneubau nun im Bewusstsein der Mackenzeller eine feste Stelle eingenommen hatte.


Der Kirchenneubau

Der Kirchenneubau ist nicht denkbar ohne die Person des späteren Pfarrers von Mackenzell, Pius Most. In der Pfarrchronik beschreibt er selbst die Einzelheiten des Bauvorhabens, eigenartigerweise manchmal in der 3. Person. Wie wir schon gehört haben, war er schon 1945 mit der Prüfung eventueller Neubaupläne der Gemeinde von der kirchlichen Behörde betraut worden, doch tat sich nichts bis zum Jahre 1947, als im Mai der erwähnte Besichtigungstermin anberaumt war. Der damalige Plan der Gemeinde, für das neue Gotteshaus im Schlossgarten unterhalb der Schule Gelände zu erwerben, scheiterte; aber auch Pius Most fand den Platz nicht günstig und hat schon damals, wie er nachträglich berichtete, bei der Besichtigung der Dorfanlage auf den Platz in dem „Pfarrgarten“ getippt, der dann auch später ausgewählt wurde. Im folgenden Monat wurde Most von Kirchhain nach Mackenzell zu Pfarrer Seifert versetzt, um sich „mit dem Kirchenbau zu versuchen.“ Pius Most hatte darin bereits Erfahrung, er hatte in Kirchhain einen Neubau hochgezogen, der bei seinem Abschied bereits im Rohbau fast fertig war. Durch eine schwere Krankheit (Typhus) wurde er bis zum November daran gehindert, die Entwicklung in seinem neuen Wirkungsbereich voranzutreiben. Aber auch in der Kirchengemeinde war man sich über den Bauplatz immer noch nicht einig. Im Winter 1947/48 wurde endlich in einer Bürgerversammlung nach nochmaliger Abwägung aller Probleme dem Vorschlag des Pfarrers zugestimmt. Der Bauer Josef Schön erklärte sich am 1. Jan 1948 in einem Vertrag bereit, einen Teil seines Gartens am Landweg nach Hofaschenbach herzugeben gegen entsprechenden Grund im „Gehege“. Die alte Kirche, deren Mauern bis dahin als Ruine dagestanden hatten, sollte abgerissen, die Steine als Baumaterial verwendet werden. Pius Most erledigte nach diesem Befreiungsschlag alle Formalitäten selbst. Schon 3 Wochen später konnte er die Baupläne des Architekten Dipl.-Ing. Hans Weber aus Amöneburg vorlegen, denen das Domkapitel bereits einige Tage vorher zugestimmt hatte, was nun auch der Kirchenvorstand tat. Wieder 5 Tage später wurden die Pläne in Wiesbaden dem Wiederaufbauministerium vorgelegt, das ebenfalls zustimmte. „Schwierigkeiten machte gegen den Abbruch der Landeskonservator Dr. Bleibaum, mit dem Pfr. Most aber bereits 15 Jahre gut bekannt war und in gutem Einvernehmen blieb, so dass er schließlich stillschweigend die Sache im Sand verlaufen ließ. Landrat Beck und das Hochbauamt Hünfeld glaubten Schwierigkeiten machen zu müssen, vielleicht weil sie sich nicht hinreichend zu Rate gezogen fühlten und an den höchsten Regierungsstellen durch persönliches Vorsprechen alles so schnell und glatt abgewickelt worden war,“ berichtet die Pfarrchronik. Am 15. August wurden die Mackenzeller Maurermeister Trapp und Roth mit der Legung der Fundamente beauftragt.

 

Der freiwillige Einsatz der Mackenzeller war großartig. Ein Steinbruch auf dem Acker im Gehege, der Steine und Sand lieferte, der ein sehr glücklicher Fund bedeutete, wird zunächst vom Pfarrer mit Messdienern aufgetan. Vieles wäre auch zu berichten über die freiwilligen Arbeitsleistungen der Bewohner beim Ausschachten, Abbruch der alten Kirche und im Steinbruch. Es scheint so, als seien die Mackenzeller insgesamt mit allen Vorschlägen ihres tatkräftigen Bauleiters Most einverstanden gewesen, denn nie wird von „Faulen“ oder „Unzufriedenen“ berichtet, wie es bei dem gleichzeitigen Kirchenbau in Kirchhasel der Fall war.

 

Die Grundsteinlegung konnte noch im gleichen Jahr vorgenommen werden, die der Diözesanbischof Dr. Johannes Dietz selbst zelebrierte. „Bauer Josef Schön fuhr den Bischof und Pfarrer mit seinen flotten Pferden in der Kutsche, Bauer Johann Pappert und Sohn ritten auf feurigen Hengsten voraus.“ Die Zeremonie wurde feierlich begangen, mit Musikkapelle, gemischtem Chor und Schulchor. „Rosa Aha vom Jungfrauenverein sprach das Begrüßungsgedicht vor dem Bischof, in dem die Erinnerung an die Katastrophe der alten Kirche festgehalten war, und die Vorbereitungen zum Neubau geschildert wurden, verfasst von Pfarrer Most“ - der also auch auf musischem Gebiet bewandert war. Es war natürlich eine Sensation, dass der Fuldaer Bischof persönlich nach Mackenzell gekommen war, ein erneuter Motivationsschub für den weiteren Kirchenbau!

 

Am 29. März 1949 wurde der Beginn der Maurerarbeiten beschlossen, das Protokoll berichtet: „...Es wurden 50% Unternehmerkosten vereinbart, Maurerlohn 1.—, Hilfsarbeiter 0.90 DM.... Die Bauleitung übernimmt Pfarrkurat Most vorläufig selbst.“ Am 29. Mai wurde der Zuschlag für die Zimmerarbeiten erteilt an Wilhelm Höfer aus Leibolz, der 6.000 DM gegenüber dem Höchstangebot von 11.000 DM verlangt hatte. In der Sitzung am 28. 8. wurde festgestellt, dass bis jetzt 54.000 DM ausgegeben, aber noch 40.000 gebraucht wurden, eine Bürgerversammlung sollte eine Hypothek von 20.000 DM genehmigen. Im Oktober konnte das Richtfest gefeiert werden. „Die Riesenbinder auf dem 15 Meter breiten Kirchenschiff aufzustellen, war keine leichte Arbeit, ebenso den 15 Meter hohen Turmhelm zu richten. Gott sei Dank, niemand verunglückte oder verletzte sich. Der Wetterhahn wurde nach altem Brauch durchs Dorf getragen und von Haus zu Haus die Verse gesungen:

 

‘Wir zeigen euch den Wetterhahn,

Er zeigt Euch manches Gute an.

Er zeigt euch Norden, Süden, Westen, Osten.

Das soll euch natürlich was kosten.

Wir nehmen Eier, Butter, Geld und Speck,

Wir Dachdecker werfen nichts weg.’

 

Ein Tannenbaum mit bunten Bändern von den Jungfrauen geschmückt und ein weiterer Tannenbaum mit Taschentüchern für jeden Handwerker, der es sich dann herunterholen musste, wurden am Turme angebracht. Musikkapelle, Kinderchor der Schule, Kirchenvorstand und Gemeindevertretung und viele Bewohner waren zum Richtfest versammelt. Bauherr und Meister sprachen vom hohen Turme, den Kindern wurden Süßigkeiten herab geworfen. Unter Vorantritt der Musikkapelle zogen alle Handwerker mit einer dicken Thalie und dem Taschentuch im Knopfloch zum Festmahle in die Gastwirtschaft.“ Vorher allerdings mussten die Musikanten mit ihren Instrumenten den 15 Meter hohen Kirchturm auf schwankenden Maurerleitern erklimmen und unter den schon gerichteten Dachbalken über dem Abgrund „Großer Gott wir loben dich“ spielen, eine riskante Angelegenheit.

 

Aus der Urkunde, die in einer Flasche in den Kupferknauf des Turmes eingelegt wurde, erfahren wir außer den Namen der hauptsächlich am Bau Beteiligten auch die Personen des Bauausschusses: „Christoph Götze, Ludwig Pappert, Karl Helmke, Karl Pappert, Karl Grosch, Karl Göller und Emil Mihm; Josef Kohl und Bürgermeister Anselm Trapp mit Pfarrer Pius Most als Vorsitzer“; wichtiger noch sind die Hinweise auf die Finanzierung des Projektes: „Bis heute sind keine Bauschulden vorhanden. Außer den außerordentlichen freiwilligen Arbeitsleistungen der Mackenzeller wurden die entstandenen Kosten in Höhe von ca. 60.000 Mark durch Spenden und Zuschuss der politischen Gemeinde gedeckt. Die Spendenfreudigkeit der Gläubigen war vorbildlich.“

 

Tatsächlich wurden z. Bsp. Anfang 1949 über 1000 „Bettelbriefe“ gedruckt, Aufrufe zur Spende für die Mackenzeller Kirche, die aber nicht im Dorf verteilt, sondern in die Umgegend verschickt wurden. Jede Familie hatte obendrein ein Dorf in der Nähe zugeteilt bekommen, in dem sie Spenden sammeln sollte. Bis in die hohe Rhön und die Umgebung Fuldas, ja bis zum Domkapitel machten sich die Mackenzeller spendensammelnd auf. Das war nichts Ungewöhnliches, schon in den alten Kirchenrechnungen von um 1700 wurden hin und wieder solche Spenden für den Neubau abgebrannter Kirchen notiert. Aus dem Schreiben geht hervor, dass die Gemeinde um 400 Vertriebene zugenommen habe und in Mackenzell selbst jeden Monat über 2.000 DM gespendet würden. Man muss sich dabei vorstellen, dass der Stundenlohn eines Hilfsarbeiters damals 90 Pfennige betrug, wofür man sich ein Dreipfundbrot oder 3 Liter Milch kaufen konnte! Jeder mag sich umrechnen, wie groß das Opfer der Einwohner damals war.

 

Nochmals musste ein Winter vergehen, bis der Bau vollendet war. Die Innenausstattung übernahmen die im Ort ansässigen Schreiner Karl Wehner, Franz Koch, Karl Göller und Richard Aschenbrücker. Dann war es soweit: „Am Sonntag, dem 2. April 1950, zog Herr Pfarrer Most in Prozession zur neuen Kirche, um sie zu benedizieren. Anschließend zelebrierte Herr Pfarrer Most das erste Messopfer. Im Turm hängt schon eine neue Glocke, die der Kirche leihweise überlassen wurde. Am 28. März erklang sie zum ersten Mal, die Leute standen auf der Straße oder hörten von ihren Fenstern aus mit Tränen in den Augen dem Läuten zu, denn fünf Jahre lang war kein Glockengeläute mehr in dem Dorfe Mackenzell gehört worden.“

 


Einweihung der neuen Kirche

Die Weihe selbst wurde am 7. Mai 1950 von Bischof Dr. Dietz vorgenommen: „Bis zur Reliquienprozession standen die Gläubigen dicht geschart vor dem Gotteshause, während die heilige Handlung im Innern durch Lautsprecher übertragen und der ganze Vorgang durch Pater Vennmann erläutert wurde... Mit der feierlichen Reliquienprozession... konnte die Gemeinde in ihr schönes, geräumiges Gotteshaus einziehen... Die weltliche Feier am Nachmittag trug den Charakter eines schönen Dorfgemeinschaftsfestes und hielt jung und alt noch lange in froher Stimmung zusammen... Abends spielte die Mackenzeller Dorfkapelle kostenlos in den Sälen der zwei Gastwirtschaften zum Tanz auf. Schon am Nachmittag und erst recht bei den Abendveranstaltungen wurde eine Verlosung durchgeführt.“ Sie und der Verkauf von Erinnerungsplaketten aus Holz (siehe Foto) ergaben „die runde Summe von 5.000 -fünftausend - DM. Die Veranstalter stellten sie gerne für den Kirchenneubau zur Verfügung und lieferten den Betrag noch am Abend des Kirchweihtages ab. „ Übrigens waren die Kosten seinerzeit ziemlich richtig geschätzt worden. Die Endabrechnung von 1952 für den Kirchenbau einschließlich der Schreinerarbeiten betrug 114.532,99 DM!

 

Nachdem 1949 Pfarrer Seifert in den Ruhestand getreten war und Pius Most sein Amt übernommen hatte, wurde dieser 1954 nach siebenjähriger Tätigkeit in Mackenzell nach Roßdorf/Kreis Marburg versetzt. Sein Nachfolger Joseph Leister wurde am 3. Oktober 1954 im Dorfe eingeführt. Ihm verdanken wir eine Aufstellung in der Pfarrchronik über die Kosten und 1954 noch bestehenden Schulden vom Bau der Kirche. Denn die Investitionen waren noch lange nicht abgeschlossen.

 

Konnte bei der Einweihung nur eine geliehene Glocke ertönen, so erfreute zum Weihnachtsfest des nächsten Jahres (1951) ein vierstimmiges Geläut die Gläubigen. Die Kirchengemeinde hatte drei Glocken von dem sogenannten „Glockenfriedhof“ in Hamburg, wo die im Krieg beschlagnahmten Glocken gesammelt worden waren, erworben. Wie aus den Inschriften hervorgeht, handelte es sich wohl um solche, die aus Kirchen in den nunmehr Polen oder Tschechen zugesprochenen Gebieten stammten. Es waren eine e-, eine g- und eine c-Glocke, die mit der geliehenen zusammen einen harmonischen Klang bildeten.

 

Noch unter Pfarrer Pius Most 1953 war eine Orgel von der Firma Johannes Klais in Bonn angeschafft worden nach den Plänen des in Hünfeld lebenden Arztes und Kantors Dr. Adolf Jestädt. Dieser spielte in den folgenden Jahren in Mackenzell häufig bei Gottesdiensten auf „seiner“ Orgel; im Jahre 1967 brach er dort an der Orgel tot zusammen! Die Kosten des Werkes mit 23 Registern beliefen sich auf rund 33.000 DM, von denen 1954 noch 9.800 DM nicht bezahlt waren. Bald darauf erwarb man die bisher nur geliehene Glocke: Erwerbungskosten 2.520 DM. Für Abtragung aller Schulden (über 18.000 DM) liefen die regelmäßigen Haussammlungen vom Kirchbau her noch weiter. Vier Jahre später machte man sich an die Gestaltung des Kirchenvorplatzes, der noch ungepflastert wie bei der Einweihung geblieben war. Es wurden Stufen angelegt, die beiden Sandsteinfiguren von der Barockkirche wurden dort postiert, eine Treppe führte zur Taufkapelle hinauf, und das ganze Gelände musste planiert und angepflanzt werden. Auch das kahle Kircheninnere wurde durch ein Mosaik-Fresko hinter dem Altar des Kunst- und Kirchenmalers Hermann Wirth, der ein geborener Mackenzeller war, verschönert. Spenden dazu erbrachten 17.000 DM. 1965 musste eine neue Heizung installiert werden, eine moderne Ölheizung, was die politische Gemeinde mit 28.000 DM vornahm. 1974, nach 28 Jahren, war der Turm, der mit Holzschindeln gedeckt war, undicht geworden. Der Zeit entsprechend wurde nun Kupfer als Deckmaterial verwendet. Bei diesen Arbeiten entdeckte man, dass der Knauf unter Kreuz und Hahn von 10 Gewehrkugeln durchlöchert war und ebenfalls erneuert werden musste. Die Gesamtkosten betrugen 173.000 DM, von denen 43.000 wiederum durch Spenden aufgebracht wurden.


Liste der Pfarrer

1736 – 1760 Andreas Wiedenlocher aus Hünfeld, (✝ 1760)

1760 – 1773 Johann Adam Joseph Fleck aus Geisa, (versetzt)

1773 – 1790 Johann Adam Scheller aus Unterleichtersbach, (versetzt)

1790 – 1814 Kaspar Valentin Röder

1814 – 1823 Franz Ignaz Krisch aus Fulda (versetzt)

1823 – 1828 Balthasar Zimmer aus Neuenberg ( 1828)

1829 – 1845 Johann Georg Pfister aus Fulda

1845 – 1861 Valentin Atzert aus Fulda,( 1861)

1861 – 1867 Franz Karl Engel aus Fulda (versetzt nach Hünfeld)

1867 – 1882 Leonhard Adolph Stadtmüller aus Bimbach ( 1882)

1882 – 1893 Theodor Schäfer

1893 – 1898 Liborius Schmelz

1898 – 1912 Friedrich Gutberlet

1912 – 1921 Franz Joseph Rudolph

1921 – 1949 August Seifert (Ruhestand,  1958)

1947 – 1954 Pius Most (versetzt)

1954 – 1977 Joseph Leister (Ruhestand,  1992)

1978 – 2005 Johannes Wagner (Ruhestand,  2009)

2006 – 2012 Pater Klaus Söhnel OMI (Ruhestand)

10/2012 – 11/2015 Pater Günther Kames OMI (versetzt)

11/2015 – 11/2021 Pater Uwe Barzen OMI (versetzt)

11/2021 – 02/2023: Pater Tadeusz Wdowczyk OMI

 

Texte: aus Buch des Heimat- u. Kulturvereins „Mackenzell –Dorf und Amtssitz- Eine Wanderung durch die Geschichte“ 

 

 Fotos: Archiv HuKV, Winfried Schön