Dieses Gedicht war bereits für letztes Jahr vorgesehen, konnte aber wegen Corona erst letzten Sonntag von Christa Gensler aus Dammersbach unter dem Kirmesbaum vorgetragen werden.
70. Kirchweihjubiläum Mackenzell 2020
Wenn man nicht mehr die Jüngste ist, so wie ich,
hat man Vieles erlebt schon und hinter sich,
doch mit den Jahren und der Alltagslast
ist so allerlei vergessen oder zumindest verblasst.
Aber warum nur?, - so frage ich mich, ihr Mitchristen, ihr Lieben
ist ein Ereignis mir bis heut‘ im Gedächtnis geblieben,
obwohl ich doch in jenem Jahr
noch nicht einmal ein Schulkind war?
Was war damals so beeindruckend, so speziell
bei der Kircheinweihung 1950 in Mackenzell?
Ich habe lange darüber nachgedacht
und mir so meine Gedanken gemacht.
Und nun nehme ich euch alle ein Riesenstück
mit in die 1940iger Jahre zurück,
Zurück in die furchtbar schlechten Zeiten,
als die Männer im Krieg waren und mussten leiden
und die Frauen daheim mit Kindern und Alten
Haus und Hof hatten „über Wasser zu halten“.
Dazu die Trauer um die Lieben,
die draußen sind an der Front geblieben,
oder heimkehrten, schwer verwundet
und niemals sind so recht gesundet.
Am 1. April 1945, dem Ostersonntag,
als Deutschland bereits in Schutt und Asche lag,
da hat der Weltkrieg in seinen letzten Tagen
auch in Mackenzell noch tiefe Wunden geschlagen.
Von Nazischergen aufgehetzt,
hatten Hitlerjungen das Drama in Gang gesetzt.
Sie sollten das Vaterland noch retten
ach, wenn sie‘s nur gelassen hätten!
Indes folgten Unheil, Elend und Not
Sie selbst und 3 Dorfbewohner fanden den Tod.
Das Unterdorf in Flammen stand,
auch das Herzstück, die barocke Kirche, ist ausgebrannt.
Ihre Ruine nun, ihr wisst es ja,
stand lange noch als Mahnmal da.
Auf diese Tragödie, so meinte man ringsum schon,
folgt jetzt eine Lähmung - pure Resignation.
So redeten die Menschen, das war nicht recht,
die kannten die „Mackenzeller“ schlecht,
denn hier gab´s damals schon wie heute
tapfere, tüchtige und gute Leute,
die stets dem Beistand Gottes vertraut,
Unglaubliches geleistet und wieder aufgebaut.
Sie fragten nicht lang, wie soll´s weitergehen?
„Die Ärmel hoch, zusammenstehen“!
Als erstes gegen das Weh‘ und Ach
für Mensch und Vieh ein festes Dach,
Fenster, Scheunentore, Türen,
damit niemand mehr muss frieren.
Jeder hilft, wo er nur kann:
Kinder, Alte, Frau und Mann.
Kaum war man aus dem „Gröbsten“ raus,
dachte man an ein neues Gotteshaus,
denn die Notkirche in „Wirts Saal“ allein
konnte auf Dauer keine Lösung sein.
Groß und geräumig, so malt man sich´s aus,
soll es werden, das neue Gotteshaus,
denn auch die Heimatvertriebenen, die vielen
sollen sich hier geborgen fühlen.
Aber, ist das gewaltige Vorhaben vielleicht nur eine Illusion
in diesem Nachkriegselend und der Inflation?
Da müsste beinahe ein Wunder geschehen,
sollte dieser Wunsch auch in Erfüllung gehen!
Und tatsächlich, lange dauert´s nicht mehr,
da kommt aus der Domstadt ein Lichtstrahl her.
Das Bistum schickt Pfarrer Pius Most, noch jung an Jahren,
doch im Kirchenneubau schon erfahren.
Ihm wird die Kirchengemeinde Mackenzell anvertraut
und die Mammutaufgabe zugetraut.
Ohne diesen Mann, so ist in der Chronik zu lesen,
wäre der Kirchenneubau undenkbar gewesen.
Der hat Ideen, macht Pläne, kann organisieren,
Gespräche mit Bürgern und Behörden führen
Als tatkräftiger Bauleiter geht er voran,
das spornt die ganze Gemeinde an.
Im Oktober 1948 wird feierlich der Grundstein gelegt,
Die Gläubigen alle sind sehr bewegt,
Sie geh´n ans Werk mit neuem Schwung,
und tatkräftiger Begeisterung.
Steinmetz-, Maurer- und Betonarbeiten am Gotteshaus
führen die örtlichen Unternehmer und Meister aus.
Ein glücklicher Fund „Im Gehege“auf einem Ackerland,
liefert schönes Steinmaterial und Sand.
Die Pferdefuhrwerke kostenfrei
fahren täglich neues Baumaterial herbei
Es geht voran im Riesenschritt,
denn viele Bürger helfen mit.
Fleißig fließen die Spendengaben,
das Haus wird mächtig und erhaben
und auf allem ruhet Gottes Segen,
kein Gewittersturm mit großem Regen,
niemand am Bau ist zu Schaden gekommen,
von den tüchtigen Arbeitern, den Frommen.
Es gibt auch keinen Zwist und Streit,
rundum herrscht Frieden, Einigkeit.
Schon nach eineinhalb Jahren Bauzeit dann
steht 1950 die Kircheinweihung an.
An jenem Sonntag, dem 7. Mai
war auch ein kleines Mädchen aus Dammersbach dabei.
Das durfte mit seinen fünfeinhalb Jahren
auf dem Fahrradgepäckträger der Eltern mitfahren.
Und, was es damals gesehen und erlebt,
hat sich tief in sein Herz und Gedächtnis eingeprägt.
So erzählt es zum 70. Kirchenjubiläum heute
noch immer begeistert und voller Freude:
Die Woche vor dem 7. Mai
zog sich unendlich, ei, ei, ei,
bis schließlich Sonntagmorgen war,
die Sonne lachte, der Himmel war klar.
Die Obstbäume blühten, Sonntagsglocken erklangen,
in Feld und Flur die Vöglein sangen.
Mama band auf den Gepäckträger ein Kissen auf,
und Papa setzte mich obendrauf.
Die Schlaglöcher über den Kalten Hof,
die waren trotz Kissen ziemlich doof.
Die Beinchen hielt ich gespreizt, weit weg vom Rahmen,
damit die Füßchen nur nicht in die Speichen kamen.
Bei der Herrenmühle angekommen,
haben wir schon von Ferne Musik vernommen.
Das Dorf war mit Girlanden und Fahnen geschmückt,
die festliche Stimmung hat gleich mich entzückt.
Überall aus Hof und Haus
kamen glücklich strahlende Leute raus.
Ringsum herrschte dichtes Gedränge,
eine solche Menschenmenge – ich muss gestehen
hatte ich bis dahin noch nie gesehen.
Papa hatte mich auf den Arm genommen,
sonst hätte ich ja gar nicht viel mitbekommen.
Da sah ich den Bischof, oh welche Ehr‘,
der kam eigens aus Fulda zur Einweihung her.
Eine stattliche Reitereskorte
geleitete ihn zur Ehrenpforte.
Die Pforte war riesig und so schön,
fast blieb der Mund mir offen stehn.
Zwischen den grünen Tannenspitzen
sah ich weiße Rosen blitzen,
weiße Rosen! - welch‘ eine Zier
kunstvoll gefertigt aus Krepppapier!
Ein großes Kreuz erblickte ich oben inmitten
während Hunderte andächtig die Pforte durchschritten.
Sie zogen zum neuen Gotteshaus
und füllten rasch es völlig aus.
Das feierliche Hochamt an diesem Tage
war von tiefem Dank und Freude getragen,
umrahmt von Blasmusik und Männerchor,
so schön stellte ich mir den Himmel vor.
Als dann das „Großer Gott, wir loben Dich“ erklang
mein kleines Herzchen höher sprang,
und ich übte mich inbrünstig im Gesang.
Nachmittags bei Blasmusik und Spiel
gab es auch der Freuden viel:
Sackhüpfen und Eierlaufen,
vielleicht für 10 Pfennige ein Vanilleeis kaufen,
oder auf dem Kinderkarussell
drehen eine Runde schnell.
Noch etwas Wichtiges, nicht zu vergessen:
Bratwürstchen gab´s, und ich durft‘ eins essen!
Die allergrößte Gaudi war:
Es gab ein Schubkarrenrennen gar,
und - wer hätte das gedacht -
die Eltern haben mitgemacht!
Wir Kinder haben uns „schiefgelacht.“
Nachher, vom Wettkampf abgehetzt,
haben wir uns am Hardt- Hang niedergesetzt.
Von hier oben genossen wir den Blick,
lauschten den Gesängen und der Musik,
bis sich am Horizont die Sonne neigte
und das Abendrot sich zeigte.
So ein Tag, so wunderschön wie heute, so ein Tag, der dürfte nie vergehen………
Zum Abschied:
Guten Abend, gut´Nacht,
mit Rosen bedacht,
mit Nelklein besteckt,
schlupf‘ unter die Deck!
Schlafe selig und süß,
schau im Traum´s Paradies.
Gewidmet meiner Nachbargemeinde Mackenzell zum 70. Kirchweihjubiläum am 7. Mai 2020
Christa Gensler geb. Beck, Dammersbach - Jahrgang 1944